Offener Netzzugang
Aber warum zwei parallele Breitbandnetze in Beverstedt?
Trotz eines bereits durch die DG erstellten Netzes wird zur Zeit in Beverstedt durch die EWE begonnen, ein weiteres Breitbandnetz parallel zu errichten.
Hierfür gibt es keine technische Notwendigkeit.
Es bietet sich ein Vergleich mit dem Energiemarkt an: Jeder Haushalt ist an das Stromnetz angebunden, der Kunde kann aus einer Vielzahl an Energieanbietern den gewünschten auswählen.
Niemand kann sich ernsthaft vorstellen, dass in einem Gebäude z.B. mehrere Anschlüsse konkurrierender Stromnetze nebeneinander liegen.
Analog kann das auch für die Breitbandnetze gelten.
Über welches Glasfaser-Kabelnetz die digitalen Informationen den Kunden erreichen, ist für ihn letztlich egal. Er erhält sein Produkt Internet, Mail, Fernsehen usw. vom gewünschten Anbieter. Voraussetzung ist dafür der Offene Zugang (Open Acess)durch den ersten Netzbetreiber, der die Glasfaseranschlüsse als Bitstream-Access weiteren Betreibern anbietet. Die digitalen Informationen des weiteren Betreibers fließen dann durch das gleiche Netz. Der Kunde benötigt nur einen Glasfaseranschluss, egal für welchen Anbieter er sich entscheidet.
In Beverstedt konnten sich die beiden Anbieter nicht auf dieses Modell einigen, obgleich für alle nur Nachteile entstehen werden.
Die notwendigen Investitionen für den Aufbau der neuen Glasfasernetze sind immens und die Amortisationszeiten sehr lang. Das Ziel bei Aufbau eines neuen Netzes muss es sein, möglichst schnell hohe Nutzerzahlen zu erreichen, um die Refinanzierung in möglichst kurzer Zeit zu erwirtschaften. Ein paralleler Netzausbau erschwert dieses Ziel, verteilen sich ja dann die Kunden auf mehrere Netze. Ein offenes Netz sorgt für mehr Wettbewerb, indem es den Kunden die Auswahl aus einer Vielzahl von Providern lässt, belebt die Anschlussfreudigkeit und führt letztlich zu schnellerer Amortisation des Netzes.
Wie absurd die doppelte Glasfaserverlegung hier in Beverstedt ist, verdeutlicht auch das folgende Szenario: Was macht der EWE-Kunde oder der DG-Kunde, wenn er z.B nach einigen Jahren (aus welchem Grund auch immer) zum anderen Anbieter wechseln will?
Braucht der Kunde bei Anbieterwechsel womöglich einen neuen Hausanschluss?
Der rechtliche Rahmen verhindert derzeit keine „Überbauung“ eines vorhandenen Netzes.Zwar wurde im Januar 2016 vom Bundesminister für Verkehr und digitale Infrastruktur das Gesetz zur Erleichterung des Ausbaus digitaler Hochgeschwindigkeitsnetze (DigiNetz-Gesetz) beschlossen. Das Gesetz kann aber so interpretiert werden, dass es eine Überbauung nicht verhindert.
Eine Überarbeitung des Gesetzes steht an.
Auch der „Masterplan Digitalisierung“ des Niedersächsischen Ministeriums für Wirtschaft, Arbeit, Verkehr und Digitalisierung setzt auf partnerschaftliche Kooperationen der Akteure. Ausdrücklich wird dort formuliert, Investitionen des Marktes zu schützen und Open-Access Lösungen einzusetzen, um Investitionen in Doppelinfrastrukturen zu vermeiden.
Laut einer Bertelsmann-Studievon 2017 belegt Deutschland bei der Versorgung mit Glasfaseranschlüssen im OECD-Vergleich nur Platz 28 von 32. Soll unser Land den Anschluss nicht verlieren, sind Kooperationen dringend erforderlich, damit sich der weitere Netzausbau auch rechnet.